Bei zum Gebrauchtwagen hinzugekaufter Garantie: Fachwerkstatt-Klauseln sind unwirksam!

Kommentar zum Urteil des BGH v. 25.09.2013 – VIII ZR 206/12

Es war sogar einer Darstellung in der altehrwürdigen „Tagesschau“ wert, dass sich ein Kunde, der im November 2009 von einem Autohaus einen Gebrauchtwagen gekauft hat, sich dagegen zur Wehr setzte, wegen einer Werkstattbindung (gegen welche er verstoßen hatte) seine Garantieansprüche zu verlieren.

Der Kunde hatte „inkl. 1 Jahr Gebrauchtwagen-Garantie gemäß Bestimmungen der Car-Garantie“ gekauft. „Garantie“ heißt dabei, dass eine Leistungspflicht des Garantiegebers unabhängig davon besteht, ob der (Garantie)Schaden auf einen Mangel des Kaufgegen-standes bei Übergabe an den Käufer zurückgeht oder nicht. Das ist Geld wert; und deshalb kosten solche Gebrauchtwagen-Garantien etwas, und zwar auch dann, wenn der Kaufver-trag nur einen Gesamt-Kaufpreis ausweist und der auf die Garantie entfallende Teilbetrag nicht ausdrücklich genannt wird – so war es im vom BGH am 25.09.2013 entschiedenen Fall: Was die Garantie gekostet hatte, blieb unklar!

Werkstattklausel

Der Inhalt der Garantievereinbarung besteht im Einzelnen aus vom Händler vorgegebenen Vertragsklauseln, den so genannten Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB), die einer Inhaltskontrolle gem. §§ 305-310 BGB unterliegen.

In der hier einschlägigen Garantievereinbarung stand: „Der Käufer erhält vom Verkäufer eine Garantie, deren Inhalt sich aus dieser Garantievereinbarung (…) und aus den beilie-genden (…) Garantiebedingungen ergibt. Diese Garantie ist durch die [Beklagte] versich-ert“. In § 4 Buchst. a der Garantiebedingungen heißt es: „Voraussetzung für jegliche Ga-rantieansprüche ist, dass der Käufer/Garantienehmer (…) an dem Kraftfahrzeug die vom Hersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs-, Inspektions- und Pflegear-beiten beim Verkäufer/Garantiegeber oder in einer vom Hersteller anerkannten Ver-tragswerkstatt durchführen lässt (…)“. Unter § 6 Nr. 3 der Garantiebedingungen ist geregelt: „Der Käufer/Garantienehmer ist berechtigt, alle Rechte aus der versicherten Garantie im eigenen Namen unmittelbar gegenüber der [Beklagten] geltend zu machen. Im Hinblick darauf verpflichtet sich der Käufer/Garantienehmer, stets vorrangig die [Beklagte] in Anspruch zu nehmen.“

Reparatur in freier Werkstatt und Schadenseintritt

Im April 2010 hat der Kunde eine vom Hersteller vorgeschriebene bzw. empfohlene War-tung in einer freien Werkstatt durchführen lassen – und dann trat im Juli 2010 ein Schaden an der Ölpumpe auf. Ob dieser Schaden auf einen Mangel der Wartung durch die freie Werkstatt zurückzuführen war oder nicht, ist offensichtlich nicht entscheidungser-heblich gewesen.

Der Kunde holte einen Kostenvorschlag ein; der wies Reparaturkosten von immerhin 16.063,03 € aus. Der Wagen wurde erst einmal nicht repariert.

Klage

Statt dessen klagte der Kunde vom Händler zunächst 10.000 € ein. Das Landgericht hat in erster Instanz die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Kunden hat das OLG den Händler dann zu einer Zahlung von gerade einmal 3.279,58 € nebst Zinsen und vorge-richtlicher Anwaltskosten verurteilt. Denn der Kunde hatte das Auto inzwischen repa-rieren lassen – und mehr hatte er dafür nicht ausgegeben! (Über die Qualität des Kostenvoranschlages, der ursprünglich Grundlage der Klageerhebung war, verhält sich das letztinstanzliche Urteil des BGH wohl nicht, auch darauf dürfte es für die Entschei-dung nicht ankommen; auszugehen ist aber davon, dass eine Rücknahme der ursprüng-lichen Klage um rund 2/3 in der zweiten Instanz eine entsprechende Kostenlast für den Kunden zur Folge hatte …)

Das OLG hat die Revision zugelassen. Der Händler hatte mit dem Rechtsmittel aber keinen Erfolg. Der VIII. Zivilsenat des BGH hat entschieden, dass die Regelung in § 4 Buchst. 1 der Garantiebedingungen gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist.

Das Berufungsgericht habe den Kaufvertrag zwischen Kunden und Händler rechtsfehlerfrei dahin ausgelegt, dass der Kläger die Garantie entgeltlich erlangt hat. Das ergebe sich aus der Rechnung des Händlers, nach welcher der Kunde den Gebrauchtwagen „inklusive 1 Jahr Gebrauchtwagen-Garantie“ zum Gesamtpreis von 10.490 € erworben hat. Dass die Rechnung keine Aufschlüsselung des Gesamtpreises nach den Kaufpreisan-teilen für das Fahrzeug und die Garantie enthält, führe nicht zu einer anderen Be-urteilung. Es sei unerheblich, wie hoch einerseits das Entgelt für das Fahrzeug und ander-erseits das für die Garantie ist: die Auslegung des Kaufvertrags ergebe, dass sich der Ge-samtkaufpreis auf beides beziehe.

Der BGH knüpft ansonsten an seine bisherige Rechtsprechung an (Urt. 17.10.2007 – Az. VIII ZR 251/06, Urt. v. 12.12.2007 – Az. VIII ZR 187/06 und VU. v. 6.07.2011 – Az. VIII ZR 293/10).

Danach ist ein Garantieausschluss dann unangemessen benachteiligend und damit unwirk-sam, wenn automatisch in allen Fällen, in denen der Garantienehmer (Kunde) die vom Fahrzeughersteller vorgeschriebenen oder empfohlenen Wartungs-, Inspektions- und Pflegearbeiten nicht durchführen lässt, ohne zu berücksichtigen, ob das Vernach-lässigen der Wartungsintervalle für den eingetretenen Schaden überhaupt ur-sächlich geworden ist. Diese Rechtsprechung wendet der BGH auch auf den hier vor-liegenden Fall des Kunden an, weshalb sich sagen lässt:

Ist eine Leistungspflicht des Garantiegebers in dem Falle, dass der Garantienehmer vom Fahrzeughersteller vorgeschriebene oder empfohlene Wartungs-, Inspektions- und Pflege-arbeiten nicht in der Vertragswerkstatt durchführen lässt, unabhängig davon ausge-schlossen, ob der Verstoß des Garantienehmers gegen die vereinbarte Werkstattbindung für den eingetretenen Schaden ursächlich geworden ist, so ist diese AGB-Regelung unangemessen benachteiligend und daher unwirksam.

Für Gebrauchtwagen gilt daher, dass eine Werkstattbindung zur Erhaltung einer entgelt-lichen Gebrauchtwagengarantie nicht mehr in den AGB des Händlers vorgeschrieben werden kann.

Andere Bereiche des KFZ-Handels

Zwei Punkte sollten allerdings – um Missverständnisse zu vermeiden – klar gestellt sein und bleiben:

1. Für Neuwagen aber ist eine AGB-Werkstattbindung weiterhin zulässig!

2. Und:

Für freiwillig und ohne Entgelt übernommene Garantiezusagen des Händlers ist auch weiterhin eine Werkstattbindung zulässig (dann greift die AGB-Inhaltskontrolle des BGB nicht).

Zudem: Die begründete Entscheidung des BGH liegt noch nicht vor; es ist abzuwarten, was sich ansonsten hieraus noch an Einzelheiten ergeben wird. Nicht verwunderlich wäre, wenn die Garantiebestimmungen der AGB der Händler demnächst angepasst werden würden – und dann wird wohl im Schadensfall geklärt werden müssen, ob sich ein Verstoß gegen die Werkstattklausel auf den Schadenseintritt ausgewirkt hat; entscheidend könnte im Ergeb-nis dann werden, wer die Beweislast zu tragen hat, der Händler oder der Kunde … zur Zeit aber ist das noch „Zukunftsmusik“.

Quelle: BGH, Pressemitteilung vom 25.09.2013

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